TEIL2: BILD-Exklusiv-Interview mit Andrzej Duda: Warum Polen kaum Flüchtlinge vom Balkan oder aus Syrien aufnehmen will

Quelle: BILD/Fakt.pl
Von: Von KAI DIEKMANN, HANS-JÖRG VEHLEWALD und DANIEL BISKUP

BILD-Interview mit Polens neuem Präsidenten Andrzej Duda (43)

BILD: Aktuell droht die Flüchtlingswelle aus Afrika, Syrien, Irak und dem Balkan Europa zu spalten. Deutschland nimmt bis Ende des Jahres vermutlich an die 800  000 Flüchtlinge auf. Wie erklären Sie Kanzlerin Merkel, dass Polen gerade mal einen Bruchteil dessen aufnimmt?

Duda: „Ich verstehe, dass dieses Problem die Deutschen sehr beschäftigt. Auch wir Polen dürfen uns diesem Thema Hilfsbereitschaft nicht verweigern. Es gab Zeiten, in denen viele Polen selbst ihr Land verlassen mussten und zu Flüchtlingen wurden. Und wir haben auch die Hilfspakete nicht vergessen, die uns Deutsche in den 80er-Jahren schickten. Wichtig ist aber auch, dass wir als EU die Ursachen der Flucht bekämpfen – und zwar in den Ländern, aus denen die Menschen zu uns kommen.“

BILD: Dennoch: Der Flüchtlingsstrom hält an ...

Duda: „Und wir müssen mit ihnen solidarisch sein, aber wir sollten verstärkt die organisierten Schleuserbanden bekämpfen, die mit dem Elend dieser Menschen ein Milliardengeschäft machen. Diese Schlepper verlangen etwa an der türkischen Küste 1000 Euro für die Überfahrt nach Griechenland. Die normale Fähre nach Kos kostet gerade mal 10 Euro.“

BILD: Und Polens Rolle dabei?

Duda:Polen als EU-Mitglied will sich solidarisch zeigen, aber was Flüchtlinge angeht, haben wir ein besonderes Problem wegen des Konflikts in der Ukraine: Solange der Krieg andauert, werden weiterhin Tausende Ukrainer außer Landes fliehen, vor allem nach Ungarn und nach Polen. Wir sind die nächsten Nachbarn der Ukrainer und sie können sich sicher fühlen. Wenn der Konflikt erneut eskaliert, werden noch sehr viel mehr Flüchtlinge zu uns kommen. Schon jetzt gibt es Hinweise, dass mehrere Hunderttausend Ukrainer zu uns flüchten wollen. Andere Staaten Europas sollten das berücksichtigen, wenn wir über Hilfsbereitschaft sprechen.“

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