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S.P.O.N. - Die Spur des Geldes Die fatale Ostorientierung der deutschen Wirtschaftselite

Der letzte Beweis steht noch aus, aber Russland scheint politisch für den Tod der Menschen an Bord von MH17 verantwortlich zu sein. Harte Sanktionen im Finanz- und Rohstoffbereich sind die richtige Antwort - auch wenn das deutschen Managern nicht gefällt.
Schröder, Putin: Ostorientierung der deutschen Wirtschaftseliten

Schröder, Putin: Ostorientierung der deutschen Wirtschaftseliten

Foto: DPA/ RIA Novosti

Was macht eigentlich Gerhard Schröder? Wäre es nicht an der Zeit, dass die SPD den Altkanzler auffordert, seinen Vorsitz im Aufsichtsrat des Nord Stream Pipeline Konsortiums aufzugeben? Noch bevor wir anfangen, über verschärfte Sanktionen gegen Russland zu reden?

Schröders Kuschelkurs gegenüber Wladimir Putin gehört zu den größten außen- und industriepolitischen Irrtümern in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Nach den bislang vorliegenden Informationen ist Schröders Freund durch seine Unterstützung von Rebellen in der Ukraine indirekt für den Tod von 298 Menschen an Bord der abgeschossenen Maschine von Malaysian Airlines verantwortlich, zwei Drittel der Passagiere stammen aus der Europäischen Union. Ihr Tod war der Kollateralschaden von Putins Politik.

Putin-Freunde in Deutschland werden weiterhin formaljuristisch insistieren, dass es keine "Beweise" dafür gibt, dass Russland irgendetwas mit dem Abschuss von Flug MH17 zu tun hatte. Doch die Anzeichen sind überdeutlich. Die Rebellen hatten in derselben Woche einen ukrainischen Militärtransporter abgeschossen und es zugegeben. Das russische Buk-Raketensystem ist die einzige Technologie, mit der sie das bewerkstelligen konnten. Es ist unwahrscheinlich, dass sie ohne russische Hilfe ein derart komplexes System bedienen können. Vor allem aber haben die Rebellen nach dem Abschuss die Aufklärungsarbeit massiv behindert. Die Indizien reichen für ein politisches Urteil der Situation aus. Und um ein politisches Urteil geht es. Hier entscheidet kein Gericht.

Die EU wird jetzt mit großer Sicherheit die nächsten Sanktionen gegen Russland vorantreiben. Ich halte das für angemessen.

Die USA schneiden den russischen Firmen die Luft ab

Wie man es richtig macht, haben die Amerikaner in der letzten Woche demonstriert - noch vor dem Abschuss von MH17. Sie setzen auf Finanzsanktionen. Damit schneiden sie den russischen Firmen die Luft ab. Finanzsanktionen sind in einer globalisierten Welt extrem wirksam - vor allem wenn die USA und die Europäische Union gemeinsam handeln. Gerade für Russland wären solche Finanzsanktionen besonders schädlich. Die russische Wirtschaft lebt einerseits vom Export, vor allen von Öl und Gas, hat aber andererseits keine eigene Währung von internationaler Bedeutung. Russland ist damit für seinen Rohstoffhandel abhängig von Dollar und Euro. Das ist die Achillesferse der russischen Wirtschaft.

Mit dem Dollar, dem Euro und dem Pfund haben die USA und die EU de facto ein Oligopol in den internationalen Finanzmärkten. Man kann sich zwar auch außerhalb der USA Dollar leihen. Doch Dollar-Transaktionen laufen direkt oder indirekt durch das amerikanische Zahlungssystem Fedwire, dem amerikanischem Pendant zu unserem europäischen Target-2-Zahlungssystem. Und damit fallen Dollar-Transaktionen unter amerikanisches Recht.

Das ist in Europa nicht anders. Der Euro hat zwar den Dollar als dominante Weltwährung nicht abgelöst, ist aber mit Abstand die zweitwichtigste Währung. Zusammen mit den USA ist das Sanktionspotenzial also groß.

Im Vergleich dazu sind klassische Handelssanktionen Schnee von gestern. Eine kleine Insel kann man noch relativ leicht vom internationalen Handel abschneiden. Russland aber, der flächenmäßig größte Staat der Erde, wird immer Wege finden, Handelssanktionen zu umgehen.

Eine offensichtliche Ausnahme besteht allerdings beim Handel mit Gas, das in großen Mengen über Pipelines transportiert werden muss. Die einzige Handelssanktion, die gegenüber Russland funktionieren würde, wäre eine Einschränkung der Gasimporte. Das hätte einen weiteren nützlichen Effekt: Es würde die Bemühungen der EU verstärken, sich von russischen Gasimporten unabhängig zu machen. Denn die sind wiederum unsere Achillesferse.

Aber als Allererstes sollte man die fatale Ostorientierung der deutschen Wirtschaftseliten zurechtrücken. Nicht nur Schröder ist das Problem. Der Bundeswirtschaftsminister sollte den Vorstandschefs deutscher Unternehmen klarmachen, dass Kontakte mit Putin und seiner Umgebung offiziell unerwünscht sind. Russland wird bis auf weiteres als Zielort deutscher Investitionen ausfallen. Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft sollte jetzt helfen, den strategischen Rückzug aus Russland für deutsche Unternehmen zu organisieren. Vor allem aber sollte die Politik die Anreize dafür schaffen.

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Foto: SPIEGEL ONLINE