Angela Merkel im Interview:Gipfel der Harmonie

Angela Merkel im SZ-Interview

Bundeskanzlerin Angela Merkel verspricht konkrete Ergebnisse beim Treffen der großen Industrienationen.

(Foto: Regina Schmeken)
  • Kurz vor dem G-7-Gipfel spricht Bundeskanzlerin Merkel im Interview mit der SZ über die Bedeutung des Treffens und über die transatlantischen Beziehungen.
  • Merkel verteidigt sowohl den exklusiven Kreis der Teilnehmer als auch den abgelegenen Tagungsort. Den G-7-Ländern sei an Gerechtigkeit im Globalisierungsprozess gelegen.
  • In der Spähaffäre bekennt sich Merkel zu ihrer früheren Aussage, dass Abhören unter Freunden nicht gehe. Konsequenzen aus der jüngsten Affäre für die Arbeit des BND schließt sie aber nicht aus.
  • Die Kanzlerin bestreitet, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den USA und Deutschland so beschädigt worden sei, dass aktuelle Verhandlungen dadurch belastet werden.

Von Nico Fried, Berlin

In einer Woche kommen die Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten zum Gipfel nach Schloss Elmau. "Wir wollen unseren Gästen ein wunderschönes Stück Deutschland zeigen und in dieser Atmosphäre in einer Form tagen, die für die Ergebnisse solcher Gipfel wichtig ist", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch die gute Stimmung ist bedroht. Gleich an mehreren Ecken könnte es Ärger geben.

Denn das Treffen wird von den Vorwürfen gegen den amerikanischen Geheimdienst NSA und die Differenzen über die Aufklärung der Affäre überschattet. Außerdem steht der Gipfel wegen des massiven Aufwandes für die Sicherheit und die damit verbundenen Einschränkungen und Kosten in der Kritik. Mehrere Tausend Polizisten werden die Veranstaltung sichern. Gastgeberin Merkel hat nun im Interview mit der Süddeutschen Zeitung die Bedeutung des G-7-Treffens wie auch der transatlantischen Beziehungen hervorgehoben. Sie versprach konkrete Ergebnisse. "Am Ertrag wird es nicht mangeln, dafür haben wir lange gearbeitet", sagte sie.

Merkel verteidigt Format des G-7-Gipfels

Gegen den Gipfel sind bereits zahlreiche Demonstrationen angekündigt worden. Sie richten sich vor allem gegen die aus Sicht der G-7-Gegner exklusive Politik der führenden Industrieländer auf Kosten unbeteiligter Staaten. Dem widersprach Merkel: "Uns sind die Folgen der Globalisierung, bei uns wie in fernen Ländern, wichtig, denn wir wollen diesen Prozess gerecht gestalten." Die G 7 griffen "zentrale Herausforderungen mit globaler Relevanz auf, die sehr vielen Menschen wichtig sind".

Merkel verteidigte auch das Format eines Treffens an einem abgelegenen Ort: "Die Gespräche auf solchen Gipfeln sind offener und intensiver, als sie es bei üblichen Treffen sein können", sagte Merkel. "Wenn die sieben Staats- und Regierungschefs großer Demokratien einmal im Jahr Zeit für so ausführliche Gespräche haben, dann ist das für unsere Politik, für unsere Fähigkeit, gemeinsam Lösungen zu finden, von großem Wert." Sie äußerte die Hoffnung, dass etwaige Demonstrationen "strikt gewaltfrei" bleiben werden.

Möglicherweise Konsequenzen für Arbeit des BND wegen Spähaffäre

Unter den sieben Staats- und Regierungschefs wird auch US-Präsident Barack Obama sein. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen werden seit Monaten von den Enthüllungen über die Aktivitäten der NSA, in die zuletzt auch der Bundesnachrichtendienst (BND) verwickelt war, belastet. Auf die Frage, ob ihr Satz noch gelte, dass das Abhören unter Freunden nicht gehe, antwortete Merkel: "Ich habe im Juli 2013 gesagt, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt." Dies gelte unverändert. Ihr Satz über das Abhören unter Freunden sei ein politischer Satz: Er "beschreibt ganz offensichtlich einen anspruchsvollen Grundsatz, dennoch halte ich ihn für wichtig", sagte Merkel.

Die Bundesregierung steht selbst in der Kritik, seit bekannt geworden ist, dass der BND im Auftrag der NSA möglicherweise europäische Partnerstaaten ausspioniert hat. Bereits seit Wochen läuft ein Konsultationsverfahren zwischen Berlin und Washington über die Freigabe vertraulicher Dokumente. Dabei geht es um eine sogenannte Selektorenliste, aus der hervorgehen soll, welche Personen, Organisationen oder auch Firmen die NSA mit Hilfe des BND ausgespäht hat.

Auch für den Fall, dass die USA eine Freigabe verweigern, steht die Bundesregierung unter großem Druck, den Kontrollgremien des Bundestages die Informationen zugänglich zu machen. Dies könnte über eine Persönlichkeit geschehen, die das Vertrauen des Parlaments wie auch der Regierung genießt. Merkel wollte sich zu diesem Verfahren nicht konkret äußern. "Wir werden eine Entscheidung treffen, die ich für verantwortbar halte." Zugleich schloss sie Konsequenzen für die Arbeit des BND nicht aus: "Wenn aus der Vergangenheit Lehren zu ziehen sind, werden wir sie ziehen."

Bundeskanzlerin sieht Verhältnis zu USA nicht beschädigt

Merkel hob die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft hervor: Sie sei "zutiefst davon überzeugt", dass im Interesse der Sicherheit unserer Bürger die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika notwendig sei. Gleiches gelte für verbesserte Handelsbeziehungen. "Beides ist gut für Deutschland", sagte Merkel.

Die Kanzlerin bestritt zudem, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den USA und Deutschland so beschädigt worden sei, dass es zum Beispiel die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP belaste. Sie bekräftigte vielmehr die Hoffnung, dass die Verhandlungen noch in der Amtszeit von Barack Obama abgeschlossen werden könnten. Im November 2016 wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten. Sollte TTIP bis dahin nicht verhandelt sein, "wird eine lange Pause eintreten", so Merkel. Ihr sei es jedoch wichtig, dass der transatlantische Freihandel mit den Vereinbarungen zwischen den USA und den Staaten des Pazifikraumes Schritt halte.

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