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Telekom fürchtet um digitale Unabhängigkeit

Wirtschaftsredakteur
Muss Milliardensummen in den Netzausbau in Deutschland und Europa investieren: Telekom-Chef Timotheus Höttges Muss Milliardensummen in den Netzausbau in Deutschland und Europa investieren: Telekom-Chef Timotheus Höttges
Muss Milliardensummen in den Netzausbau in Deutschland und Europa investieren: Telekom-Chef Timotheus Höttges
Quelle: dpa
Der Konzern fordert gleiche Bedingungen für alle Internet-Anbieter – vor allem beim Datenschutz. Sonst drohe eine Dominanz von Google und Co. Dabei muss die Telekom auch eigene Probleme lösen.

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Die Deutsche Telekom warnt vor dem Verlust der digitalen Unabhängigkeit in Europa. Der Kontinent habe ein Recht auf digitale Selbstbestimmung, sagte Telekom-Chef Timotheus Höttges auf der Hauptversammlung des Konzerns in Köln.

„Die Dominanz von amerikanischen und asiatischen Firmen scheint uneinholbar“, sagte Höttges. Kein einziges europäisches Unternehmen würde bei den globalen Marktführern von Endgeräten, Halbleiter-Chips und Internet-Diensten mitmischen.

„Google und Facebook zusammen sind an der Börse heute deutlich mehr wert als die gesamte europäische Telekommunikationsindustrie.“ Während in den USA und in Asien die Umsätze mit dem zunehmenden Datenverkehr Internet stiegen, gingen sie in Europa zurück.

Vor diesem Hintergrund seien Investitionen schwierig. Würde Europa nun auch noch die Infrastruktur verlieren, sei dies das Ende der digitalen Unabhängigkeit.

Kampf gegen Google und Facebook

„Ich möchte nicht, dass unsere Kinder auf einem Kontinent groß werden, in dem wichtige Kommunikationsdienste vollkommen außerhalb unserer eigenen Kontrolle liegen“, sagte der Telekom-Chef.

Die Telekom kämpft seit Jahren gegen Internet-Konzerne wie Google und Facebook an. Google und Microsoft bieten inzwischen selbst mit Hangout und Skype Telefonie-Dienste an, Facebook hat den Messaging-Dienst WhatsApp übernommen, der von vielen als SMS-Ersatz genutzt wird.

Insbesondere in der Regulierung sieht sich die Telekom im Nachteil. „Wir brauchen eine Datenschutzverordnung mit gleichen Bedingungen für Telekommunikations- und Internetunternehmen“, sagte Höttges. Einheitliche Datenschutzstandards müssten auch für außereuropäische Anbieter gelten.

Netzausbau kostet Milliarden

Zur jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat sich der Telekom-Chef nicht geäußert. Das Gericht hatte am Dienstag entschieden, dass sich Suchmaschinen-Betreiber wie Google an das Datenschutzrecht der Staaten halten muss, in dem es Geschäfte macht. Damit würden deutsche Datenschutzstandards auch für amerikanische Unternehmen gelten.

Die Telekom investiert in den kommenden Jahren Milliardensummen in den Netzausbau in Deutschland und Europa. Auf seiner ersten Hauptversammlung als Chef der Telekom äußerte sich Höttges auch zum US-Geschäft, das jahrelang als Sorgenkind des Konzerns galt, nun aber der Wachstumsmotor der Telekom ist.

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Sollte sich die Zahl der nationalen Mobilfunkanbieter in den USA auf drei reduzieren, sehe man sich in einer guten Position, sagte Höttges. "Experten sagen, es wäre langfristig die beste Lösung, wenn es neben AT&T und Verizon noch einen dritten großen Anbieter auf dem US-Markt gäbe.“

Zukunft des US-Geschäfts offen

Ein solcher Anbieter hätte weniger Kosten und eine bessere Netzabdeckung. Er könnte daher auch mehr investieren, sagte Höttges. Tatsächlich steht T-Mobile US, an der die Telekom zu gut zwei Drittel beteiligt ist, vor hohen Investitionen in den Netzausbau und in den Kauf von Funkspektrum.

„Entscheidend ist jetzt die Sicht der amerikanischen Wettbewerbsbehörden“, sagte der Telekom-Chef. Bislang haben sich die Behörden in den USA dagegen gesperrt, die Zahl der nationalen Mobilfunker auf drei zu reduzieren, weil sie befürchten, dass dadurch der Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher schwächer wird.

Höttges musste sich auf seiner ersten Hauptversammlung als Telekom-Chef nur wenig Kritik von Aktionären gefallen lassen. „Die Telekom wächst wieder“, sagte Höttges. Tatsächlich legte der Umsatz im vergangenen Jahr um 3,4 Prozent zu, ohne den Zusammenschluss mit dem US-Mobilfunker MetroPCS war es immer noch fast ein Prozent.

Probleme gibt es trotzdem

Zwar hat die Telekom ihre Dividende von 70 auf 50 Cent reduziert. Doch der Aktienkurs legte allein im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent zu, was die Aktionäre auf ihrem Jahrestreffen offenbar milde stimmte. Der Wert der nun börsennotierten T-Mobile US hat sich binnen Jahresfrist sogar verdoppelt.

Trotzdem steht die Telekom nicht ohne Probleme da. In Deutschland tobt ein scharfer Wettbewerb vor allem um neue Kunden für Breitbandanschlüsse. Hierzulande setzen vor allem die TV-Kabelnetzbetreiber mit schnellen und billigeren Internet-Anschlüssen die Telekom unter Druck.

Der Wettbewerbsdruck dürfte durch die Übernahme von Kabel Deutschland (KDG) durch Vodafone noch einmal zulegen. Wie sich der geplante Zusammenschluss von Telefónica und E-Plus auswirken wird, ist noch offen. Noch gibt es dafür keine Zustimmung der Europäischen Kommission.

Die IT-Sparte der Telekom steckt derzeit mitten in einem Umbau, die Margen des Geschäftes sind schwach. Zuletzt brachen die Aufträge um mehr als ein Viertel ein.

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