1998 Frankreich

Was Chuck Blazer US-Gerichten vor zwei Jahren gesagt hat, reicht zurück bis 1992, João Havelange war noch Fifa-Präsident. Damals entschied die Fifa über die WM 1998. Blazer gesteht, dass er sich schmieren ließ. Er bezichtigt auch andere der Bestechlichkeit, deren Namen sind aber nicht öffentlich. "Ich habe mich bei mindestens zwei Gelegenheiten verbrecherischer Handlungen schuldig gemacht", steht im Protokoll. Das Geld nahm er von Marokko. Gewonnen hat Frankreich, das im Heimatland Weltmeister werden sollte.

2002 Japan und Südkorea

Eine ungewöhnliche Entscheidung, die politischen Beziehungen beider Länder waren schlecht. Doch über diese WM-Vergabe ist nichts Anrüchiges bekannt.

2006 Deutschland

Lange hielt sich der Mythos, Deutschland habe die WM Franz Beckenbauers Golfschlägerdiplomatie zu verdanken. Wer die Fifa kennt, hat das nie geglaubt. Die Faxe und die Kuckucksuhren von Martin Sonneborn gaben wohl auch nicht den Ausschlag. Vor der Wahl im Juli 2000 lag Südafrika lange vorne. Doch in letzter Minute schwenkten einige Wähler vor allem aus Asien um. Charles Dempsey aus Neuseeland stimmte erst gar nicht ab, obwohl er für Südafrika stimmen wollte und sollte. Deutschland gewann 12:11, bei Gleichstand hätte der Präsident Blatter wohl für Südafrika entschieden. Sein Geheimnis, warum er kurz vor der Abstimmung das Zimmer verließ, nahm Dempsey mit ins Grab.

Kurz zuvor war eine Deutschland AG aus Politik und Wirtschaft tätig geworden, vor allem in Gegenden, in denen Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees lebten. Daimler investierte Hunderte Millionen Euro in Hyundai, ein Sohn des Hyundai-Gründers saß im Exekutivkomitee der Fifa. Volkswagen und die Bayer AG versprachen hohe Investitionen in Thailand und Südkorea. Die Regierung von Gerhard Schröder beschloss eine Woche vor der WM-Vergabe die Lieferung von Panzerfäusten an Saudi-Arabien. Deutschland habe "kurzfristig das Waffenembargo aufgehoben", sagte Guido Tognoni, damals Fifa-Mitarbeiter, später. Der inzwischen verstorbene Medienunternehmer Leo Kirch kaufte für Millionen Mark wertlose TV-Rechte an Freundschaftsspielen von Bayern München. Beckenbauer war damals Präsident des Vereins. Eine Firma Kirchs überwies dem Thailänder Fifa-Mitglied Morawi Makudi, einen hohen Betrag. Makudi wählte Deutschland. Als er auf einer Pressekonferenz der Frauen-WM 2011 in Berlin darauf angesprochen wurde, brach Blatter selbst die Veranstaltung ab.

Juristisch war das Vorgehen Deutschlands möglicherweise legal, dennoch entsprach es nicht gerade dem, was man unter Sportsgeist versteht. Das alles ist seit mehr als zehn Jahren bekannt. Die deutsche Öffentlichkeit erinnert sich lieber an das Sommermärchen. Korruption gilt als Problem der anderen, zum Beispiel Trinidad oder Vanuatu. Dabei liegen die Wurzeln der modernen Sportkorruption in Herzogenaurach.

2010 Südafrika

Endlich bekam Sepp Blatter seine WM in Afrika, der Mann spekulierte auf Bilder mit Nelson Mandela und – ernsthaft – auf den Friedensnobelpreis. Auch über die Entscheidung für Südafrika im Frühjahr 2004 äußerte sich Chuck Blazer. Er gab zu, Teil einer weltweiten Verschwörung gewesen zu sein. Demnach hat sich Südafrika die WM gekauft. Von 2004 bis 2011 sollen gigantische Summen auf verschiedenen Wegen in die Taschen und auf die Konten der Fifa-Strolche geflossen sein. Eine Überweisung von zehn Millionen Euro soll der Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke aus Zürich getätigt haben. Er bestreitet, es gewesen zu sein. Auch Südafrikas Sportminister hat Bestechung verneint, allerdings tat er das vor den Blazer-Leaks.

2014 Brasilien

2007 war Brasilien der einzige Bewerber, denn bei der Fifa galt damals das Rotationsprinzip der Kontinente. Die Südamerikaner, die dran waren, verständigten sich auf Brasilien. Dumm für die Fifa, es ließ sich nichts verdienen. Den Fehler machte sie nicht zwei Mal. Sie schaffte das Rotationsprinzip ab. Beim nächsten Mal, im Dezember 2010, sollten gleich zwei WM-Turniere vergeben werden. Die alten Herren des Fifa-Exekutivkomitees entschieden über Turniere, die einige von ihnen nicht mehr erleben werden.

2018 Russland

Russlands Bewerbung erhielt, wie Katars, von der Technischen Kommission das größte Risiko zugesprochen. Das macht verdächtig. Es gibt aber auch Belege für Deals im Hintergrund: Der zypriotische Unternehmer Mario Lefkaritis wählte mit, obwohl er mit Gazprom Geschäfte macht. Für wen Franz Beckenbauer stimmte, weiß man nicht. Man weiß bloß, dass er, ein halbes Jahr nach seinem Ausscheiden aus der Fifa, Sportbotschafter von Gazprom wurde.

Die Russland-WM ist ein Politikum. Manche halten das Vorgehen der amerikanischen Justiz gegen die Fifa für ein weiteres Indiz der angeblichen Verschwörung des Westens gegen Putin. Russland ist eine harte Nuss. Die Russen, erprobt im Kalten Krieg, haben gute Leute im Spurenverwischen, viel bessere als Katar.

2022 Katar

Die Entscheidung für den Glutofen Katar ist absurd. Doch es gibt auch Indizien für Schiebung und Mauschelei. Lefkaritis hat Katar eine sieben Hektar kleine zypriotische Landzunge für viel Geld verkauft. Michel Platini, dessen Sohn inzwischen für Katar arbeitet, hat sich als Katar-Wähler geoutet. Die ehemalige Mitarbeiterin der Katar-Kandidatur, Phaedra Almajid, beschuldigt drei ehemalige und aktuelle Fifa-Mitglieder aus Afrika, ihre Stimmen für je 1,5 Millionen Dollar an Katar verkauft zu haben. Der reiche Katarer Mohamed Bin Hammam, Blatters ehemaliger Wahlhelfer, soll rund fünf Millionen Dollar an afrikanische Funktionäre gezahlt haben, damit sie Katar wählen. Auch in der Karibik soll er nach Stimmen gefischt haben. Katar verteidigt sich und sagt, Bin Hammam habe bloß Wahlkampf für sich gemacht. Er wollte 2011 gegen Blatter antreten. 

Nach Blatters Rücktrittsankündigung steht die WM in Katar mehr denn je infrage. Er habe Katar geschützt, schreibt die englische Journalistin Heidi Blake, weil Bin Hammam auf Blatters Drängen nicht gegen ihn angetreten sei. Das soll die Abmachung sein, die bis heute gilt. Vielleicht denken die Kataris, dass sie sich nur an die Regeln gehalten haben. Da kann man nicht widersprechen. Wie die aussehen, sagte ein Zeuge vor Jahren im Prozess über die ehemalige Marketing-Agentur ISL: "Schmieren ist, als wenn man Lohn bezahlen muss. Sonst wird nicht mehr gearbeitet."