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Geld Devisen

Plötzlich bekommt Russland wieder Geld vom Westen

Quelle: Infografik Die Welt
Russland braucht dringend Devisen und zapft den Kapitalmarkt an. Mit Erfolg: Investoren leihen dem Kreml wieder Geld.
  • Anleihen für 1,25 Milliarden Dollar wurden begeben, Investoren rissen sich um die Papiere.
  • Die verzweifelte Suche nach Rendite lässt Anleger die Sanktionen und die Risiken der Wirtschaftskrise ausblenden.

Es war nicht klar, ob sich Russland dafür entscheiden würde. Nun aber – drei Monate vor dem Ende dieses ereignisreichen Jahres – steht fest: Auf der Suche nach Geld zapft der krisengebeutelte Staat nochmals den internationalen Kapitalmarkt an. Russland begibt eine zweite Dollar-Anleihe und nützt damit den gesetzlichen Spielraum aus, der die Geldaufnahme im Ausland für dieses Jahr auf drei Milliarden Dollar beschränkt.

Konkret wurden zuletzt Papiere für 1,25 Milliarden Dollar platziert, wie der russische Finanzminister Anton Siluanow erklärte. Auftakt war schon im Mai. Damals hatte sich Moskau zur Überraschung der internationalen Hochfinanz 1,75 Milliarden Dollar auf dem Markt geholt, nachdem man zuvor über zwei Jahre – also seit Beginn der westlichen Sanktionen Mitte 2014 – aus Vorsicht und aufgrund des amerikanischen Drucks auf westliche Investoren die Finger davon gelassen hatte.

Inzwischen hat es den Anschein, als wären Sanktionen und Wirtschaftskrise fast schon vergessen. Jedenfalls hat sich die Stimmung gegenüber Russland seit Mai deutlich aufgehellt. Während Moskau verzweifelt nach Geld sucht, suchen Investoren verzweifelt nach Renditen. Und so war das jetzige Angebot denn auch entsprechend begehrt.

Die Nachfrage nach den zehnjährigen Anleihen habe bei mehr als 7,5 Milliarden Dollar gelegen, erklärte Siluanow: An die 200 Investoren aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Europa, Asien und Russland hätten mitgeboten. Zum Zug gekommen seien nur Ausländer, wobei 53 Prozent des Geldes von US-Investoren gekommen sei. Die Rendite lag bei 3,9 Prozent.

Löcher im Staatsbudget

Dass die zweite Emission in diesem Jahr unter einem besseren Stern steht, hat auch mit der Erwartung zu tun, dass das Clearinghouse Euroclear die neuen Papiere sofort akzeptiert und sie daher auch im Westen sofort gehandelt werden können. Bei der Emission im Mai war das nicht der Fall. Die Rendite lag damals bei 4,75 Prozent.

„Der Risikoappetit auf russische Anleihen ist auf ein Niveau zurückgekehrt, das es lange Zeit nicht gegeben hat“, sagte vor wenigen Tagen Blazej Dankowski, Direktor und Leiter Anleihekapitalmärkte Russland und Kasachstan bei Citigroup in London, gegenüber Bloomberg. „Die Renditen sind wieder auf das Niveau von Anfang 2014 zurückgekehrt.“

Der Ölpreisverfall der vergangenen Jahre hat Russland hart getroffen
Der Ölpreisverfall der vergangenen Jahre hat Russland hart getroffen

Russland weiß genau, wie dringend es das Geld ausländischer Investoren braucht. Ohnehin leidet das Land seit zwei Jahren vor allem daran, dass zusätzlich zum Ölpreisverfall der Zugang für russische Unternehmen zu langfristigen Bankfinanzierungen durch die Sanktionen untersagt wurde. Das alles hat Löcher ins Staatsbudget gerissen, sodass das Haushaltsdefizit im ersten Halbjahr 2016 bei 3,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes lag und damit die Obergrenze von drei Prozent überstieg.

Dazu kommt die Unentschlossenheit der Regierung, wie es mit der vielfach angekündigten Privatisierung großer Staatsbetriebe weitergehen soll. Zu divergierend sind die Interessen der unterschiedlichen Gruppen, die Hardliner scheinen eine Zustimmung zur Privatisierung nur dann zu geben, wenn die eigenen Reihen entsprechend zum Zug kommen.

Stabilisierung zeichnet sich ab

So wurde erst vor Kurzem bekannt, dass die ursprünglich für dieses Jahr geplante Privatisierung des Ölkonzerns Bashneft auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist. Das war letztlich denn auch der Grund für Siluanow, Staatsanleihen zu emittieren. Ob nun tatsächlich der landesweit größte Ölkonzern, Rosneft, teilprivatisiert wird, steht abermals in den Sternen.

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Immerhin scheint es mit der Gesamtwirtschaft im Moment nicht mehr so bergab zu gehen wie in den vergangenen zwei Jahren. Für 2016 ist zwar noch kein Wachstum zu erwarten, aber eine gewisse Stabilisierung zeichnet sich ab. So hat dieser Tage auch die Ratingagentur S&P den Ausblick für das Land bei unverändertem BB+-Rating (Fremdwährung) bzw. BBB--Rating (Rubel) von negativ auf stabil angehoben.

Russian President Putin watches celebrations for City Day in Moscow
Wladimir Putin kann sich freuen
Quelle: REUTERS/X00944

„Wir bleiben bei unserer These, dass die russische Wirtschaft das ‚Gröbste‘ überstanden hat, halten aber ebenfalls daran fest, dass die Belastungen aus der Rezession noch Jahre spürbar sein werden“, schreiben etwa die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg. Auch das russische Wirtschaftsministerium bleibt vorsichtig und prophezeit für die nächsten drei Jahre eine Stagnation.

Eigentlich hat der Staat großen Spielraum für neue Schulden, liegt doch die öffentliche Verschuldung unter 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – ein Wert von dem westliche Staaten nur träumen können. Es ist eines der Verdienste von Wladimir Putin, dass er bereits in den ersten Jahren seiner Regentschaft – also in der Zeit der Rohstoffhausse – begonnen hat, die damaligen Auslandsschulden zurückzuzahlen.

Russland folgte dem Beispiel Norwegens

Sein zweites Verdienst war übrigens, dass er verfügt hat, die überschüssigen Einnahmen aus dem Ölverkauf nach dem Vorbild Norwegens in einem Staatsfonds zu horten. Von beiden damaligen Maßnahmen zehrt er bis heute und kann so seine gegenwärtige Reformschwäche überspielen.

Nun will Russland in diesem Jahr sogar zum ersten Mal Rubelbonds in Yuan emittierten, wie Konstantin Wyschkowski, Leiter der Staatsschuldenabteilung im Finanzministerium,gegenüber Reuters sagte: man müsse noch die Änderungen im Budget vornehmen. Für nächstes Jahr ist dann geplant, mindestens drei Milliarden Dollar auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen, verlautete aus dem russischen Finanzministerium.

Aber die Verschuldung im Ausland ist nicht die Rettung. Ein Ausweg wäre ein höherer Ölpreis. In der Zwischenzeit werden die Staatsfonds zur Finanzierung des Haushalts herangezogen werden. Im ersten Halbjahr wurden 18 Milliarden Dollar entnommen, sodass Ende August im Nationalen Wohlfahrtsfonds, der eigentlich für Rentenfinanzierungen vorgesehen ist, 73 Milliarden Dollar übrig waren. Der Spielraum wird zusehends enger.

Russlands Comeback auf der Weltbühne

Nach Jahren der Krise erholt sich die russische Wirtschaft. Und auch sein Eingreifen in Syrien hat Russland international wieder politisch gestärkt. Präsident Putin hilft das auch innenpolitisch.

Quelle: Die Welt

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